Rehkitzrettung

Rehkitzrettung

20.06.2021

Kreis Warendorf/Liesborn. Drohneneinsatz zahlt sich aus: Hegering Liesborn-Diestedde rettet doppelt so viele Wildtiere wie im Vorjahr

Mit Fördergeldern in Höhe von 200.000 Euro hat die NRW-Landesregierung in diesem Jahr Kreisjägerschaften bei der Wildtierrettung mittels Drohnen unterstützt. Auch die Hegeringe Liesborn-Diestedde und Drensteinfurt haben davon profitiert und jeweils eine mit GPS ausgestattete Hochleistungsdrohne erhalten. „Das Geld ist sehr gut angelegt“, findet Josef Roxel, Vorsitzender der Kreisjägerschaft Warendorf. „Denn jedes vor dem Mähtod bewahrte Tier ist Gold wert.“

Rehkitzrettung
Die jungen Rehkitze liegen drei bis vier Wochen in der Deckung. Sie haben keinen Fluchtinstinkt, das heißt, wenn Gefahr in
Form eines Mähwerks naht, drücken sie sich tief ins Gras, was mitunter ihr Todesurteil bedeutet.

Gut 8000 Euro kostet die Hochleistungsdrohne, die von der Landesregierung und der Kreisjägerschaft bezuschusst wurde. Das Geld hat sich schon ausgezahlt: Die Rettungsteams des Hegerings Liesborn-Diestedde haben doppelt so viele Wildtiere gerettet wie im Vorjahr.

83 Rehkitze, 106 Hasen und 46 Fasanenküken – so lautet die stolze Bilanz des Hegerings Liesborn-Diestedde nach 100 Einsätzen ihrer beiden Wildtierrettungsteams. „Das sind doppelt so viele Wildtiere wie im Jahr zuvor“, freut sich der Initiator des Liesborner Drohnenprojekts, Burkhard Schwarte. Allein 50 Mal ist er in der Setzzeit mit Timo Kißler, Ralf Döinghaus, Marvin Geßner und Dominik Mir in den frühen Morgenstunden oder am späten Abend ausgerückt, um vor der Mahd stehende Felder mit der neuen Drohne abzufliegen. „Die Drohne ist mit einer hochauflösenden Wärmebildkamera ausgestattet, die sehr sensibel auf Temperaturunterschiede reagiert“, berichtet der Obmann für Naturschutz, Marvin Geßner. Und die seien am frühen Morgen und in den Abendstunden, wenn die Umgebungstemperatur niedriger ausfällt als die Körpertemperatur der Wildtiere, am besten erkennbar. Liegt etwas im hohen Gras, würde sich das anhand von weißen Wärmebildpunkten auf dem Monitor der Fernsteuerung zeigen.

Hochleistungsdrohne
Die Kamera der Drohne fliegt hoch über den Wildtierrettern des Hegerings Liesborn-Diestedde.

Selbstbildnis: Die Kamera der Drohne fliegt hoch über den Wildtierrettern des Hegerings Liesborn-Diestedde. Diese zeigen sich auf dem Monitor der Fernsteuerung.

Auf einem der letzten Flüge, die das Team vergangene Woche am späten Abend auf einer Wiese in der Nähe der Lippe unternommen hat, sind indes keinerlei Punkte zu sehen. Die Wiese ist leer. Doch das mindert die Freude der engagierten Jäger an ihrem Tun nicht. Sie stehen voll und ganz hinter ihrer Aufgabe. „Das ist Natur- und Tierschutz zugleich“, erklären sie unisono. Für sie ist die Rehkitzrettung eine Erfüllung des Hegeauftrags der Jägerschaft. „Es ist ein erhebendes Gefühl, ein Kitz in der Hand zu halten und zu wissen, es gerettet zu haben“, erklärt Timo Kißler, Obmann für Schießwesen. Kritikern, die meinen, die Rehe würden hinterher doch eh von den Jägern erlegt, hält er entgegen, dass „der bejagbare Rehwildbestand nicht davon abhängt, ob man Rehkitze rettet“. Rehwild gebe es momentan genug. „Bei der Rehkitzrettung geht es in erster Linie darum, unnötiges Tierleid zu vermeiden,“ stellt Kißler klar. „Wir schützen die Tiere vor dem Mähwerk, das ist eine ethische Frage und hat mit Schießen nichts zu tun“, ergänzt auch Richard Hoberg. Wie der zweite Vorsitzende der KJS-Warendorf weiter sagt, seien Jäger und Landwirte gleichermaßen dem Tierwohl und -schutz verpflichtet. Deshalb nehmen die Landwirte auch gern die Hilfe der Jäger in Anspruch. „Wenn sie wissen, dass sie eine Wiese mähen wollen, kontaktieren sie uns und dann fliegen wir die Wiese vorher mit der Drohne ab“, berichtet Geßner. Zeigt der Monitor eine mögliche Liegestätte an, geht ein Teammitglied ins Feld und wird über Funk an den Wärmepunkt geleitet. Liegt dort ein Tier, so wird es behandschuht weggetragen und nach der Mahd wieder in die Nähe des Fundorts zurückgebracht. 

„Das Problem ist, dass Rehkitze die ersten drei bis vier Wochen in der Deckung verharren, sie haben keinen Fluchtinstinkt, das heißt, sie laufen nicht weg, sondern drücken sich bei nahender Gefahr tief ins Gras und das bedeutet beim Mähen ihren sicheren Tod“, weiß Burkhard Schwarte. Diesen Anblick möchte er jedem ersparen. Für Landwirte hat das Aufspüren der Wildtiere zudem einen wirtschaftlichen Nutzen. „Je weniger Wildtiere beim Mähen getötet werden, desto geringer ist die Gefahr, dass Kadaver im Tierfutter landen und so zu lebensbedrohlichen Krankheiten im Tierbestand (Botulismus) und damit zu wirtschaftlichen Schäden führen können“, erklärt Richard Hoberg. Er ist sehr froh, dass nicht nur die Landesregierung die Wildtierrettung fördert, sondern dass auch der Bund in diesem Jahr bedeutend nachgelegt hat. „Ohne den Zuschuss der Landesregierung hätte sich der ehrenamtlich tätige Hegering die ca. 8000 Euro teure Drohne nicht leisten können“, so Hoberg. Im Namen der Kreisjägerschaft Warendorf dankt er den Familien der Rehkitzretter für ihr Verständnis und ihre Unterstützung. Den Wildrettern des Hegerings Liesborn-Diestedde zollt er indes höchsten Respekt für ihren ehrenamtlichen Einsatz. „Wir finden die Initiative und die gleichbleibend hohe Motivation des Teams großartig“, so Hoberg.

verfolgen gespannt den Flug der Drohne
Timo Kißler, Marvin Geßner, Burkhard Schwarte und Richard Robert verfolgen gespannt den Flug der Drohne, die Rehkitze, Fasane,
Hasen und Bodenbrüter in der noch nicht gemähten Wiese aufspüren soll.